Aus der Geschichte der Neuenburger Fasnacht

Das Fasnachtsbrauchtum der Rhiischnooge kann man nur vor dem Hintergrund der Geschichte der so oft geschundenen Stadt Neuenburg am Rhein verstehen. Gegründet 1175 von Herzog Berthold IV. von Zähringen entwickelte sich die Stadt, auch auf Grund der Nähe zum Rhein, rasch und wurde 1219 von Kaiser Friedrich II. zur freien Reichsstadt erklärt. Die Nähe zum Rhein war jedoch Segen und Fluch zugleich, so wurde Neuenburg gleich mehrmals durch verheerende Hochwasser erheblich geschädigt. In verschiedenen Kriegen, so im 30jährigen Krieg von 1618 bis 1648, dem spanischen Erbfolgekrieg von 1701-1714 sowie besonders im Zweiten Weltkrieg, wurde Neuenburg nahezu komplett zerstört, geplündert und wechselte mehrmals die Herrschaft. Kennt man die wechselvolle Geschichte der ehemals freien Reichsstadt des Heiligen Römischen Reichs, so wundert man sich, dass trotz allen Ungemachs die Fasnacht in Neuenburg so kraftvoll erhalten blieb.

Die ältesten Hinweise auf die Neuenburger Fasnacht finden wir bereits in Urkunden, die auf die Jahre 1462, 1539 und 1577 datieren. Viel später, aber aus heutiger Sicht doch sehr früh, wurde mit dem Jahr 1927 die Fasnacht in geordnete Bahnen gelenkt. Es wurde ein verantwortlicher Elferrat gebildet, der fortan die Geschicke der Neuenburger Fasnacht lenken sollte.

Die Verfassung dieses Elferrats ist am 22. März 1927 in Kraft getreten. In §1 wird bestimmt:

Der Neuenburger Elferrat ist eine Vertretung aller Neuenburger Narren und besteht aus elf Männern, die beauftragt und befugt sind, sämtliche Veranstaltungen an Fasnacht jeden Jahres ins Leben zu rufen und zu halten. Es wird dadurch bezweckt, dass durch ein gediegenes närrisches Treiben, von dem alles Unwürdige und Anstößige ferngehalten werden muss, das Ansehen der alten Stadt Neuenburg gewahrt und gehoben wird, dass ferner die Folge hiervon ein größerer Zuzug von Fremden nach der Stadt stattfindet, der in erster Linie den Gewerbetreibenden und hiernach der ganzen Gemeinde nutzbringend sein wird.

Natürlich ist man heutzutage etwas liberaler, gerade was die Zusammensetzung des Elferrats aus „elf Männern“ angeht. Eine „gediegene“, anständige Fasnacht, von der „alles Unwürdige und Anstößige ferngehalten werden muss“ ist jedoch auch heute noch unser Ziel. Kritisieren, „stupfen“: ja, bei jeder Gelegenheit – Beleidigen: nein.

Vorsitzender des ersten bekannten Elferrats (Bild rechts) war Julius Orth. Weitere Mitglider waren Dr. Hans Pohl, Hans Banse, Philipp Brück, Hans Becker, Willi Honert, Franz Homburger, Stefan Kößler, R. Schultke, Wilhelm Studer und Adolf Zipper.

Neuordnung 1938

Am 11.11.1938 wurde im Bahnhofshotel von 27 Narren der alten Zunft die Narrenzunft neu geordnet. Das in einem Zeitungsbericht enthaltene Protokoll gibt hierüber folgende Auskunft:
Am närrischen 11.11. im Jahre 1938 wurde im Gasthaus zum Bahnhof da hier um 21.11 Uhr die „Narrenzunft Neuenburg“ gegründet. 27 Narren aus der alten Narrenstadt waren erschienen, um diese menschenbeglückende Zunft aus der Taufe zu heben. Es war für die Zunft bestimmt ein gutes Zeichen ihrer närrischen Einstellung, dass sie bereits vor dem ersten Gründungsakt den Zunftmeister wählte. Zunächst erhielt die Zunft einen gebührenden Titel, der lautete:
„Neuenburger Narrenzunft: D’Rhiischnooge“.
Ferner lautet der närrische Gruß aller Narren und Närrinnen fortan:
„Schnoog-Schnoog“, der Dankesgruß dagegen: „Quak-Quak“.
In Gelb ein schwarzer Rhiischnoog, angelehnt an die Farben der Habsburger, wählte die Zunft zu ihren Farben.

Dem Elferrat der Jahre 1938/39, dessen Zunftmeister Franz Homburger war, gehörten an:
Otto Dornes, Leo Grozinger, Otto Rümmele, Julius Orth, Heini Becker, Hans Landwehrlin, Hans Ueberrhein, Erwin Mandel, Eugen Eckstein und Karl Stiehlau.
Zur Zunft gehört seit dieser Zeit auch die in den Zunftfarben gekleidete Zunftgarde.

Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg

Leider unterbrach der Zweite Weltkrieg die Entwicklung. Ab 1947 wurde jedoch ein neuer Anlauf genommen. Zunftmeister Franz Homburger und das ehemalige Elferratsmitglied Leo Grozinger strebten die Wiedergründung der Zunft an, die am 4. Dezember 1949 offiziell vollzogen wurde.

Zum ersten Nachkriegszunftmeister wählte die Versammlung Leo Grozinger. Franz Homburger, Fritz Hüttlin, Artur Grozinger, Karl Knaus, Karl Edel, Karl Stiehlau, Artur Baumann, Hermann Anlicker, Hubert Olligs und Hans Becker junior gehörten dem 1949 gewählten Elferrat an.

Neuordnung 1962

Im Jahre 1962 gab sich die Zunft eine neue, richtungsweisende Satzung. Ihr folgte auch richtigerweise die Gestaltung des „Rhiischnoogs“ im Jahre 1964. Maske und Häs wurden am 11.11.1964 der Öffentlichkeit vorgestellt. Winfried Studer hatte hierzu den Anstoß gegeben, tatkräftig unterstützt von Werner Schäfer. Richard Fahr lieferte den Entwurf für den ersten Rhiischnoog, Berta Senftle schneiderte das erste Häs. Gleichzeitig entstanden bei dem bekannten Maskenschnitzer Josef Tränkle in Elzach die Holzmasken.

Marianne und Karlheinz Droll und Egon Grozinger waren nach Renate Schäfer die ersten Hästräger.

Aus praktischen Gründen wurde das Häs nochmals umgestaltet und erhielt schließlich in den Jahren 1966/67 seine heutige Gestalt. Beispielsweise gehörten zum Häs von 1964 Flügel und statt einer Hose wurden ein Flecklerock und blaue Strumpfhosen getragen.

So besteht die Narrenzunft „D’Rhiischnooge“ bis heute und ist ein Teil der Stadt Neuenburg, die in vielen Aspekten, so auch in der Fasnacht, immer wieder aufgestanden ist und sich in der Tradition verankert neu-erfunden hat.

Die Geschichte der Neuenburger Fasnacht und der Narrenzunft „D’Rhiischnooge“ Neuenburg am Rhein lässt sich hervorragend im von Winfried Studer anlässlich des 75jährigen Bestehens der Zunft herausgegebenen Buch
„Lebendige Fasnachtstradition in Neuenburg am Rhein“
sowie in
„Die Fasnacht in Neuenburg am Rhein“,
ebenfalls von Winfried Studer, nachlesen. Aus diesen Büchern stammen auch die Informationen, die Sie gerade gelesen haben.